Aus meiner persönlichen Bibliothek

Buch Cover

Gianfranco Mattiello: Crete and the Aegean Islands - a forgotten war, 1943 - 1945

Morgana - Edition; Schönefeld b Berlin, 2016

Autoren: Gianfranco Mattiello

Schlagworte: Deutsche Besetzungen WK I + WK II Zweiter Weltkrieg Kreta / La Canea Ägäische Inseln / Dodekanes

Rezension

Der Autor ist ein wohlbekannter Postgeschichtler der wichtige Bücher und Artikel über die Kriegsgefangenen in Deutschland während des Zweiten Weltkrieges, Zensur im Dritten Reich, Italienische Kriegsgefangene auf Rhodos, Zensur in Deutschen Konzentrationslagern und vieles mehr geschrieben hat.

Dieses Buch basiert auf einem Buch in italienischer Sprache des gleichen Autoren zum gleichen Thema welches 2006 erschienen ist. Es wirft viel Licht auf ein tragische Kapitel des Zweiten Weltkriegs, welche von vielen Historikern auf Grund der Nachkriegs "Political Correctness" oft beschönigt wurde. Die Sammler der Postgeschichte des Zweiten Weltkriegs bewegen sich ebenfalls in diesen Bahnen - der Tatsache geschuldet, dass dieses Thema ernsthafte Forschung nicht nur in der existierenden Literatur, sondern auch in Archiven erfordert. Die Archive sind aber durch Feuer udn Kriegsereignisse dezimiert worden. Mattiello ist einer der wenigen italienischen forschenden Postgeschichtlicher, de sich durch diese Herausforderungen nicht abschrecken lässt.

Im Vorwort erläutert der Autor: "Was ich erreichen wollte ist es dem Leser zur ermöglichen die Geschichte zu erleben, … indem er liest, was die Protagonisten in jeden Tagen scheiben. Ich wollte ein Tagebuch schreiben, welches die Informationen tageweise anführt."

Cephalonia liegt nur 300 km von der italienischen Küste entfernt im ausgang des Golfs von Korint. Was aus Cephalonia passierte - das Massaker an der Acqui Division - war nicht das bestgehütete Geheimnis. Aber es gab einige Zurückhaltung bei der Beschaffung solider Informationen und Beweise zu den Geschehnissen, nachdem die Deutschen entdeckten, dass ihr bester Verbündeter einen Waffenstillstand mit dem Feind unterschrieben hatte. Von den 12.000 italienischen Soldaten auf Cephalonia starben 1.250 im Kampf und ca. 5.000 wurden von den Deutschen hingerichtet.Ungefähr 4.000, die sich ergeben hatten, wurden in Kriegsgefangenschaft genommen und im Oktober in Lager in Griechenland verschifft. Ein ziemlich detaillierter Bericht über die auf Cephalonia begangenen Kriegsverbrechen landete auf Mussolinis Tisch und wurde "Gesehen vom Duce" gestempelt - wie erwartet protestierte er nicht bei den Deutschen!

Die italienischen Zivilisten und Soldaten in der Ägäis und auf Cephalonia befanden sich in einer schrecklichen Situation, resultierend aus der schlechten Koordination und Strategie des Premierministers Pietro Badoglio - eine große Zahl bezahlt für die schrecklichen Fehler anderer mit dem Leben.

Mattiello führte massive Forschungen im Militärarchiv in Freiburg durch - seine Ergebnisse müssen professionelle Historiker erblassen lassen. Er hat keine Bedenken solche wichtigen Beweise als "Blaupause" für sein Buch zu benutzen und sollte hierfür gelobt werden.

Die Strapazen und Leiden der Italiener auf Cephalonia und den Ägäischen Inseln nach dem verhängnisvollen 8. September 1943 werden im Buch aufgezeigt. Ein Jahr später verlässt die Deutsche Armee den Süd - West - Sektor von Europa und lässt einige Garnisonen auf den Inseln zurück, die bis Mai 1945 Widerstand leisteten.

Die Deutsche Armee entwickelte eine spezielle Post - bekannt als "Inselpost". Dieser Aspekt ist gründlich erforscht und er gibt erwiesenermaßen ein großes Interesse sowohl bei Postgeschichtlern als auch "Durchschnittslesern", der erkennt wie viel Postgeschichte zum besseren Verständnis von Katastrophen wie dem Zweiten Weltkrieg beitragen kann.

Das erste Kapitel befasst sich mit den frühen Entwicklungen im Herbst 1943, als die Deutschen Durchgangslagern für die Kriegsgefangenen von den Inseln in Athen, Saloniki, Belgrad und Kreta einrichteten. In der Tat, ab Mitte September hatten die Deutschen ungefähr 40.000 italienische Kriegsgefangene. Also schossen in Griechenland die Lager wie Pilze aus dem Boden, während in der Ägäis der italienische Widerstand nur kurz war. Mit der Übernahme von Kos fanden sich die Deutschen mit 1388 englischen und 3245 italienischen Kriegsgefangenen wieder - auf Befehl Hitlers wurden der italienische Kommandant und hunderte Offiziere exekutiert. Auf Leros nahmen die Deutschen 3.200 britische und 5.350 italienische Kriegsgefangene. Weiter Kriegsgefangene wurden auf Samos gemacht und Lager aus Rhodos, Asguro, Afando, Damatra, Kalato udn Vati eingerichtet.

Die Entwicklung auf Kreta wird mit vielen vorher noch nicht untersuchten Informationen dargestellt. Bis 1944 wurde die Situation auf dem Balkan noch komplexer und der Vormarsch der russischen Armee im Spätsommer erzeugten einen Dominoeffekt der sich verheerend auf die deutschen Streitkräfte auswirkte. Mattiello dokumentiert jede Phase dieses Debakels. Kapitel 6 untersucht die Postdienste mit den griechischen Inseln, Schwerpunkt Deutsche Feldpost und ihren Abkömmling, die Inselpost.

Erwartungsgemäß gibt uns der Autor viele Informationen, die vorher - insbesondere für den englischsprachigen Leser - nicht zugänglich waren. Dieses sehr informative und gut produzierte Buch ist ein Muss für den ernsthaften Sammler.

Autor: Giorgio Migliavacca

gedruckt in: Italien Rundschau 79/2016