Otto Bauer

Österreich

1981, 4 S, 100. Geburtstag von Otto Bauer, marxistischer Politiker

1981 1981, 4 S, 100. Geburtstag von Otto Bauer, marxistischer Politiker

Auktionshaus Christoph Gärtner, 52. Auktion März 2022

Otto Bauer wurde am 5. September 1881 in Wien geboren und starb am 5. Juli 1938 in Paris. Er war ein österreichischer Politiker und gilt als führender Theoretiker der österreichischen Sozialdemokratie und Begründer des Austromarxismus.
Bauer war von 1918 bis 1934 stellvertretender Parteivorsitzender der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) und in den Jahren 1918 und 1919 Außenminister der Republik Deutschösterreich. Er trat aufgrund der gescheiterten Anschlussbestrebungen an Deutschland im Juli 1919 von seinem Amt zurück.
Er war Sohn des wohlhabenden jüdischen Textilfabrikanten Philipp Bauer und Katharina Bauer, geb. Gerber. Er studierte an der Universität Wien Rechtswissenschaften und promovierte 1906. Neben Deutsch sprach er Englisch, Französisch und nach seiner Kriegsgefangenschaft auch Russisch.
Bauer betätigte sich ab 1900 politisch in der SDAP und wurde Mitglied der Freien Vereinigung Sozialistischer Studenten. Er rückte 1902 als Einjährig - Freiwilliger beim 3. Regiment der Tiroler Kaiserjäger ein.
Bauer war einer der Gründer und führenden Denker der linkssozialistischen Austromarxisten, die einen Mittelweg zwischen Sozialdemokratie und revolutionärem Sozialismus suchten. Seine Opposition gegen den Beitritt der SDAP zu Koalitionsregierungen nach dem Verlust ihrer führenden Position im Parlament im Jahr 1920 und seine Praxis, der Partei zu raten, auf die richtigen historischen Umstände zu warten, bevor sie Maßnahmen ergreift, wurden von einigen dafür kritisiert, dass sie Österreichs Übergang von der Demokratie zum Faschismus in den 1930er Jahren erleichterten. Als die SDAP 1934 vom austrofaschistischen Bundeskanzler Kurt Schuschnigg verboten wurde, ging Bauer ins Exil, wo er bis zu seinem Tod für den österreichischen Sozialismus arbeitete.


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Bauer, Otto, 1881/Wien - 1938/Paris, Sohn eines Textilfabrikanten, befaßt sich schon als Schüler mit Marx und Engels, tritt während des Studiums der Wiener Freien Vereinigung Sozialistischer Studenten und dem Sozialwissenschaftlichen Bildungsverein bei, wo auch Renner, Hilferding, F. Adler, G. Eckstein, M. Adler und Trotzki Mitglieder sind. 1906 zum Doktor der Rechte promoviert, übernimmt B. 1907 das Sekretariat der sozialdemokratischen Reichsratsfraktion, wird Redakteur der Arbeiter - Zeitung und Chefredakteur des Theorie - Organs Der Kampf. Ebenfalls 1907 veröffentlicht B. Die Nationalitätenfrage und die Sozialdemokratie, eine Studie, die ihn auf einen Schlag in der II. Internationale bekannt macht. 1914 Soldat, gerät B. in russische Gefangenschaft, kommt 1917 frei, agiert, wieder in Wien, gegen den Krieg und die Politik Renners, der die k. u. k. Monarchie, jedenfalls das alte Reich, reformieren und bewahren will, während B. den Zusammenbruch voraussieht und die Revolution vor Augen hat. Als diese kommt, wird B. für kurze Zeit Staatssekretär des Äußeren und Leiter der Sozialisierungskommission. 1919 übernimmt er den Vorsitz der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion, den er bis Februar 1934 innehat. Als 1920 die Koalitionsregierung endet, gewinnt für B. zentrale Bedeutung, was er 1924 systematisch analysiert: Der Kampf um die Macht; denn die gesellschaftliche Transformation ist für ihn an Eroberung und Gebrauch der Staatsmacht gekoppelt. Für die Nachkriegsphase nimmt er dabei einen "zeitweiligen Gleichgewichtszustand" zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Stadt und Land an. In Form des Votums für "integralen Sozialismus" einer einigen Arbeiterbewegung gehen die Ergebnisse seiner Bolschewismusstudien in diese Politikanalyse ein. Hauptbestandteil des (Wahl - )Kampfes um die "Macht im Staat" sind die Demokratisierung der Exekutivorgane (besonders Armee, Polizei, Verwaltung) und die Erringung der "Hegemonie des Proletariats" - nicht zuletzt durch die Konsolidierung des sozialdemokratischen Exempels im "Roten Wien". An B.s Analyse des Kampfes um Staatsmacht und Hegemonie schließt 1926 der Linzer Parteitag der SPÖ an.
B. gilt als geistiger Vater des Linzer Programms der Partei (Programme der österreichischen Sozialdemokratie), die hierin und bei den Frühjahrswahlen 1927 einen Höhepunkt erreicht. Nach dem spontanen Protest der Wiener Arbeiter im Juli 1927, der beim Sturm auf den Justizpalast 89 Tote fordert und die Sozialdemokratie ein "Opfer an Prestige" kostet, beginnt bald eine Phase des latenten Bürgerkriegs, in dem es nach der Verfassungsreform von 1929 um nicht weniger als die Verteidigung der Republik geht.
Ihr gilt vom 12. bis 15. Februar 1934 der bewaffnete Widerstand des sozialdemokratischen Republikanischen Schutzbundes gegen die Provokationen der bürgerlich - bäuerlichen Koalitionsregierung Dollfuß, die im März 1933 per Staatsstreich das Parlament entmachtet hatte. B. befürwortet den "heroischen Kampf", übernimmt zusammen mit J. Deutsch die allerdings wenig effektive zentrale Leitung und flüchtet unmittelbar nach der Niederlage in die Tschechoslowakei.
Dort redigiert er weiterhin Kampf und Arbeiter Zeitung und verfaßt insbesondere selbstkritische Analysen über die sozialdemokratische Politik in der Weltwirtschaftskrise. Unter dem Eindruck des Faschismus und der die Arbeiterbewegung lähmenden Auswirkung von Rationalisierung (Dequalifizierung) und Krise (langfristige Arbeitslosigkeit) erkennt B., "wie schwer es ist, eine auf legale Aktion im Rahmen der bürgerlichen Demokratie eingestellte, ihr angepaßte Partei mit einem Schlage auf eine revolutionäre Aktion umzustellen". Wie in seiner - posthum veröffentlichten - Studie Die illegale Partei begründet, versteht B. das Brünner Exil - und Auslandsbüro der österreichischen Sozialdemokratie, in dem er arbeitet, nicht als Exilvorstand. Dem Zentralkomitee der Revolutionären Sozialisten Österreichs, d. i. der illegal im Lande arbeitenden neuen Partei, "entstanden aus leidenschaftlicher Kritik an der Politik der alten, besiegten Sozialdemokratie", gehört er nicht an. Er sieht in der Öffentlichkeitsarbeit des Auslandsbüros lediglich ein "Hilfsorgan" und betrachtet die Bindung an die Revolutionären Sozialisten als einen Schutz davor, "Strandgut der Geschichte" zu werden. Nach der vollendeten Annexion Österreichs und der drohenden des Sudetenlandes emigriert B. im Mai 1938 nach Paris, wo er im Juli an den Folgen eines Schlaganfalls stirbt.
Als politischer Theoretiker hat B. in der sozialistischen Transformation unter den Bedingungen kapitalistischer Produktionsweise und parlamentarischer Demokratie seinen zentralen Gegenstand. Er legt dabei großes Gewicht auf die Rolle von Institutionen und Organisationen. Die Hegemoniefrage wird dementsprechend auf die Organisationsfåhigkeit der Sozialdemokratie bezogen; dahinter treten die in der Vorkriegszeit für B. bedeutenden subjektiven Hemmnisse (Traditionen, Kulturbezüge usw.) bei der Ausbildung eines sozialistischen Klassenstandpunktes analytisch zurück. Das Weltbild des Kapitalismus (1924) wird von B. nicht sozialisationstheoretisch und sozialpsychologisch, sondern aus der Perspektive einer rationalistisch verkürzten "transzendenten Ideengeschichte" wahrgenommen, so alltägliche Phänomene wie Nationalismus, Apathie und Hoffnungslosigkeit spielen in diesem Kontext keine bestimmende Rolle. Auch reflektiert B. nicht hinreichend die institutionellen und organisatorischen Wendemarken, die von einer demokratisch - sozialistischen Arbeiterbewegung zu beachten wären, wenn sie auf dem Weg zu sozialer Demokratie und sozialistischer Gesellschaft in akute Bedrängnis gerät. So bezeichnet B.s Analyse des Kampfes um die Macht im Staat jedenfalls nicht jenen Punkt, an dem der Prozeß der reaktionär - gewaltsamen Rückumwandlung der demokratischen Republik in eine "Bourgeoisierepublik" das verfassungsgemäße Handeln der reformistischen Kräfte fragwürdig macht und seine Aufhebung fordert. Das Problem ist wohl erkannt und angesprochen, aber aus der Sicht der Arbeiterbewegung nicht handlungsstrategisch gelöst. Dessen ungeachtet hat B. einem realistischen Konzept für demokratisch - sozialistische Parteien unter den Bedingungen eines parlamentarisch - demokratischen Verfassungsstaates soweit vorgearbeitet wie kaum ein anderer Zeitgenosse.


in: Lexikon des Sozialismus

Nicht-Philatelistische Literatur

Otto Bauer (1881 - 1938). Thinker and Politician

Brill / Open Access

Leiden 2017

# Otto Bauer # Landwirtschaft

Nicht Philatelistische Aufsätze in Anthologien und Zeitschriften

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Richard Saage : Otto Bauer (1881 - 1938)
in: Klassiker des Sozialismus II C.H. Beck München 1991

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Werner Sauer : Otto Bauer: Zwischen zwei Weltkriegen - und heute?
in: Austromarxismus: Gestern und heute KPÖ Steiermark Graz 2007

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Peter Pelinka : Otto Bauers "Integraler Sozialismus" - aktuell oder überholt?
in: SPW - 2 - Januar 1979 - Positionen zur Gewerkschaftspolitik Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft Berlin 1979

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Frank Heidenreich : Bericht vom 2. Otto Bauer Symposium in Wien
in: SPW - 6 - März 1980 - Atom - Bomben - Sicher in die 80er Jahre Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft Berlin 1980

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Michael Häupl : Von Otto Bauer zu Franz Bauer
in: SPW - 9 - Dezember 1980 - Kontroversen zur Wirtschaftspolitik Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft Berlin 1980

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Michael Häupl : Die "Euro - Linke" als neue Form des Internationalismus
in: SPW - 15 - Juni 1982 - US - Hegemonie und Gegenbewegungen Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft Berlin 1982

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Frank Heidenreich : Eine Nachbemerkung zu einem 60 Jahre alten Artikel und eine Notiz über die Entwicklung marxistischer Theorie
in: SPW - 17 - Dezember 1982 - Aktualität des Marxismus!? Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft Berlin 1982

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Detlev Albers : Bauer und Gramsci
in: SPW - 17 - Dezember 1982 - Aktualität des Marxismus!? Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft Berlin 1982

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Ulrich Schöler : "Otto Bauer - nein danke"?
in: SPW - 23 - Juni 1984 - Ende des Sozialstaats? Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft Berlin 1984

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Christoph Butterwegge : Otto Bauer - ja bitte! Aber welcher?
in: SPW - 24 - September 1984 - Neue Technik - alte Politk Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft Berlin 1984

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Frank Heidenreich Jürgen Blume : "Marxismus ist halt schöner als Reformismus"
in: SPW - 24 - September 1984 - Neue Technik - alte Politk Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft Berlin 1984

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Josef Hindels : Otto Bauer und die Sozialdemokratie
in: SPW - 49 - Oktober 1989 - Fortschritt ´90 Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft Berlin 1989

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Detlev Albers : Über den Marxismus Otto Bauers und Antonio Gramscis
in: Sozialismus im Westen. Erste Annäherung: Marxismus und Sozialdemokratie Argument Berlin 1987

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John H. Kautsky : Otto Bauers widersprüchliches Bild der Sowjetunion
in: Soziale Demokratie und sozialistische Theorie. Festschrift für Hans - Josef Steinberg zum 60. Geburtstag Edition Temmen Bremen 1995

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Richard Saage : Anmerkungen zu meinem Buch Otto Bauer. Ein Grenzgänger zwischen Reform und Revolution
in: Perspektiven DS - Zeitschrift für Gesellschaftsanalyse und Reformpolitik. 2/21 - Aufbruch in unsicherer Zeit Schüren Marburg 2021

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Lajos Kerekes : Zur Aussenpolitik Otto Bauers 1918/19
in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1974 - 1. Heft / Januar Im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte München herausgegeben München 1974

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in: offen - siv. Zeitschrift für Sozialismus und Frieden. Mai - Juni 2014 Hannover 2014

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Otto Bauer : Schaffen die Kriegsschiffe Arbeitsgelegenheit?
in: SPW - 19 - Juni 1983 - "Frauen hört die Signale …" Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft Berlin 1983
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Otto Bauer : Marx als Mahnung. Zu Marxens vierzigstem Todestag.
in: SPW - 17 - Dezember 1982 - Aktualität des Marxismus!? Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft Berlin 1982

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in: Die Gesellschaft. Internationale Revue für Sozialismus und Politik 2/1924 Herausgegeben von Dr. Rudolf Hilferding Berlin 1924

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