Bundesrepublik Deutschland
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Bebel, August, 1840/Köln—1913/Passugg (Schweiz), war der bedeutendste Führer der deutschenSozialdemokratie SPD) vordeml. Weltkrieg. In den Kasematten von Deutz als Sohn eines Unteroffiziers und eines Dienstmädchens geboren, wuchs B. in ärmlichen Verhältnissen auf. Eine Drechslerlehre schloß er 1857 mit der Gesellenprüfung ab. In Leipzig trat er 1861 dem neugegründeten Gewerblichen Bildungsverein bei und propagierte vorerst die bürgerliche Konzeption der Bildungsvereine. 1863 vertrat er den Leipziger Bildungsverein auf dem Vereinstag der deutschen Arbeitervereine in Frankfurt. Ein Jahr später wurde er in den ständigen Ausschuß des Vereinstags gewählt. Im August 1865 machte die für seine politische Entwicklung entscheidende Bekanntschaft mit W. Liebknecht. Ein Jahr später, nach dem preußisch - österreichischen Krieg, waren beide, B. und Liebknecht, maßgeblich an der Gründung der Sächsischen Volkspartei beteiligt. Als Kandidat dieser Partei wurde B. in den konstituierenden Norddeutschen Reichstag gewählt. 1869 war er einer der Initiatoren der Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SPD), womit die Trennung der proletarischen von der bürgerlichen Demokratie in Deutschland ihren Abschluß fand. Nach dem Ausbruch des Deutsch - Französischen Kriegs enthielt sich B. zusammen mit Liebknecht bei der Abstimmung über die Kriegskredite im Norddeutschen Reichstag der Stimme. Im März 1872 wurde er im Leipziger Hochverratsprozeß zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt. In der Haft studierte er Literatur zur Geschichte und zur Nationalökonomie. 1875 vereinigten sich die beiden sozialistischen Parteien, der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein und die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, in Gotha zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands. Nach dem Inkrafttreten des Sozialistengesetzes bemühte sich B. mit Erfolg um die Reorganisation der orientierungslosen Partei. Im Februar 1879 erschien in erster sein Buch Die Frau und der Sozialismus, der Bestseller in der deutschen sozialistischen Arbeiterbewegung werden sollte. Während der des Sozialistengesetzes gewann B. durch unbeugsame Haltung und durch seine packende Rhetorik eine große Popularität bei den deutschen Arbeitern. Nach dem Fall des Sozialistengesetzes war er, obwohl zuerst formal nur Kassierer im Parteivorstand, der unbestrittene Führer der Sozialdemokratie, eine Art Gegenkaiser, wie schon die Zeitgenossen konstatierten.
Seit Jahren in engem Kontakt mit Engels, handelte er jedoch eigenständig nach Prüfung der konkreten Situation in Deutschland. Sowohl gegenüber der Bewegung der Jungen wie auch gegenüber der reformistischen Taktik von Vollmars setzte er zu Beginn der 1890er Jahre eine Taktik durch, die eine revolutionäre Theorie und Strategie mit positiver parlamentarischer Arbeit verband. Während der Diskussion um ein Agrarprogramm Mitte der 1890er Jahre erkannte er — weitsichtiger als andere — die Notwendigkeit, die und mittleren Bauern als Bündnispartner zu gewinnen. 1m Revisionismusstreit stand B. eindeutig auf der Seite Kautskys. 1903 inszenierte er auf dem Parteitag zu Dresden die große Abrechnung mit jeder Spielart des Revisionismus.
Sein Kampf, seine besten Reichstagsreden, galten dem preußisch - deutschen Militarismus, dem unsinnigen Wettrüsten, der Kolonialpolitik und den Soldatenmißhandlungen. Dabei war er getragen von einem festen Glauben an den unmittelbar bevorstehenden Untergang der bestehenden Gesellschaft und die Etablierung der sozialistischen, die er in seinem Buch Die Frau und der Sozialismus so plastisch beschrieben hat. Dabei überschätzte er die Möglichkeiten der Sozialdemokratie in einem System, wie es das Wilhelminische Deutschland war, was ihm sein großer Gegenspieler Jaurés immer wieder vorhielt. Als B. 1913 starb, war das Ende der großen Zeit des deutschen und internationalen Sozialismus, gleichsam des goldenen Zeitalters dieser Bewegung, eingeläutet.
August Bebel: Die Frau und der Sozialismus
Dietz Verlag
Berlin 1979
August Bebel: Die Frau und der Sozialismus
Dietz Verlag
Berlin 1979