Niederlande.
Geschichte. Wie anderwärts ist auch in den Niederlanden die Post aus dem Botenwesen hervorgegangen, das wohl in keinem anderen Lande eine so ausgedehnte Entwicklung gehabt hat. Schon zu Beginn des 13. Jahrhunderts waren ständige Boten zur Beförderung von Briefen in Staatsangelegenheiten angestellt. Die Boten reisten entweder zu Pferd oder zu Fuß. Ähnliche Boteneinrichtungen bestanden in den größeren Städten, wo die Boten vom Magistrat angestellt und vereidigt wurden. Auch die städtischen Boten reisten nur in dienstlichen Angelegenheiten ihrer Auftraggeber; zur Beförderung von persönlichen Briefschaften waren sie nicht bestimmt. Regelmäßige Verbindungen tauchten erst im 16. Jahrhundert auf. Um die Mitte dieses Jahrhunderts unterhielten Arnheim und Nymwegen solche Verbindungen nach dem Süden, wahrscheinlich zum Anschluß an die Taxisschen Posten von Brüssel nach Österreich und Spanien. Ebenso bestand im Jahre 1571 ein geregelter Botendienst zwischen den beiden Städten sowohl zu Lande als auch zu Wasser. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts kommt neben den Regierungsboten eine Regierungspost vor, die ebenfalls nur zur Beförderung von Briefen in Staatsangelegenheiten diente. Ursprünglich war für diesen Dienst ein Postmeister angestellt, der auch die Post zu befördern hatte und erst später seine Postillione reisen ließ. Die nichtamtlichen Briefschaften wurden durch Personen, die ohnehin zu reisen hatten, befördert. Als mit der Zunahme des Verkehrs die Beförderung persönlicher Briefe eine gewinnbringende Beschäftigung wurde, entwickelte sich zwischen den Städten ein der Beförderung persönlicher Briefschaften dienendes Botenwesen, das nach und nach zu den Botenanstalten führte, die einem Konsul oder Obmann unterstellt waren. Die Botenanstalten hatten die Befugnis, in den Städten Briefkasten aufzustellen und die Stunde der Abreise der Boten an der Börse ausrufen zu lassen. Aus den Botenposten entwickelten sich die PÄ. Der Übergang geschah in der Regel durch Magistratsbeschluß, vielfach nahmen aber die Boten auch ohne weiteres und mit stillschweigender Genehmigung den Titel »Postmeister« an. Die Postmeisterstelle, die ein Jahreseinkommen von 6000 bis 7000 Gulden und mehr einbrachte, war zu jener Zeit größtenteils in den Händen von Angehörigen der Senatorfamilien. Nach und nach gingen die Städte dazu über, das Postwesen in eigenen Betrieb zu übernehmen und den Dienst durch festbesoldete Bea ver - sehen z u lassen, so in Rotterdam 1714, in Utrecht 1721, in Herzogen - busch 1727, in Arnheim 1733, in Leyden 1735 usw. Der Anfang zur endgültigen Vereinheitlichung des Postwesens ging von der Provinz Holland aus. Im Jahre 1747 verzichtete der Magistrat des Haag zugunsten des Statthalters auf das Recht, Postmeister anzustellen. Damit war der erste Schritt zur holländischen Staatenpost getan. Als sich verschiedene Städte der Provinz wenig geneigt zeigten, ihre Postgerechtsame zu - gunsten des Statthalters aufzugeben, wurde ein Ausschuß von sechs Mitgliedern eingesetzt, der die Frage der Gründung einer Staatenpost prüfen sollte. Er beschloß, das Postwesen der ganzen Provinz alsbald an sich zu ziehen und die beteiligten Postmeister und Städte zu ent - schädigen. Die Entschädigungen wurden auf den durchschnittlichen Reingewinn der Jahre 1738 - 1747 festgesetzt und betrugen insgesamt rund 330000 Gulden jährlich, die den Empfangsberechtigten lebens - länglich zuerkannt wurden. Auf diese Weise trat die holländische Staatenpost am 1. 7. 1752 ins Leben. An der Spitze der Staatenpost standen fünf Kommissare, von denen zwei in Amsterdam, zwei im Haag und einer in Rotterdam ihren amtlichen Wohnsitz hatten. Jedem Kommissar war ein bestimmter Verwaltungsbezirk zugeteilt. Das Briefgeheimnis galt zwar als unverletzlich; es gab aber Aus - nahmen von dieser Regel. Namentlich standen die Briefschaften der fremdländischen Gesandten nicht unter dem Schutze des Briefgeheim - nisses. Bei den persönlichen Briefschaften kamen Verletzungen des Briefgeheimnisses nur zu Zeiten politischer Verwicklungen vor. Da - gegen war im Verkehr mit Niederländisch - Indien das Briefgeheimnis überhaupt nicht gewährleistet. Da es verboten war, über Angelegen - heiten der Indischen Kompagnie zu schreiben, wurden alle Briefe nach und aus Indien geöffnet und gelesen. In den übrigen Provinzen Hollands kam es nicht zu einer ähnlichen Zusammenfassung des Postwesens, vielmehr erhielten sich dort die städtischen PÄ während des ganzen 18. Jahrhunderts. Erst am 12. 1. 1799 beschloß die gesetzgebende Körperschaft der batavischen Re - publik, das gesamte Postwesen zu verstaatlichen. Die Vorbereitungen zogen sich indes in die Länge, so daß die Staatspost erst am 1. 1. 1803 in Wirksamkeit treten konnte. Das Postwesen wurde durch einen Ausschuß von 7 Mitgliedern verwaltet. Ihm unterstanden 28 Haupt - PÄ und die in größerer Zahl vorhandenen Unter - und Neben - PÄ des Landes. Die Städte, die bis dahin noch ihr eigenes Postwesen gehabt hatten, erhielten auf weitere 25 Jahre eine Vergütung, die zunächst nach dem Durchschnittsergebnis der letzten 10 Jahre bemessen wurde und sich von Jahr zu Jahr um 1/2; verminderte. Den Postmeistern solcher Orte, an denen ein städtisches Postwesen nicht vorhanden ge - wesen war, wurde ein angemessenes Ruhegehalt gewährt. Das Postgebiet umfaßte 5 Bezirke, denen am 2. 10. 1809 durch Aufnahme Ostfrieslands in das holländische Staatsgebiet ein 6. Bezirk hinzutrat. Später ist die Zahl der Bezirke weiter — bis auf 11 — vermehrt worden.
in: Hans Rackow: Handwörterbuch des Postwesens